Fischereiverein Leutkirch e.V. Logo

Zur Vereinsgeschichte des FV Leutkirch e.V.
- Zeit von 1955-1971



Wie jeder andere Verein, so hat auch unser Fischereiverein Leutkirch e.V. seine Geschichte. Interessant dürften diese Informationen gerade für alle jüngeren Mitglieder des Vereins sein, denn auch für sie gilt der Satz, dass derjenige, der „seine Geschichte nicht kennt, auch keine Zukunft hat".
Grundlage dieser Ausführungen ist ein Protokollbuch, das mir handschriftlich vorliegt und von Herrn Hugo Löchle verfasst wurde. Die folgenden Zitate aus dem Protokollbuch sind durch Anführungsstriche gekennzeichnet. Weitere Zitate anderer Quellen sind gesondert kenntlich gemacht.

Im Jahr 1955 erklärten sich die Herren Albert Drexler, Otto Häberle und Wilhelm Edelmann dazu bereit, die Interessen der Sportfischer in Leutkirch gemeinsam zu vertreten und gründeten in diesem Jahr die Sportfischervereinigung Leutkirch, die 26 Mitglieder zählte.
Man traf sich zu einem Faschingsabend, zu gemeinsamen Aussprachen und „ einige Mal luden die Herren Edelmann die Mitglieder zu einem Sportfischen an den Stadtweiher ein."
Im Jahr 1958 kamen auf die Vereinigung neue Aufgaben zu. Bis zu diesem Zeitpunkt verpachtete die Standesherrschaft Zeil die Fischwasser an einzelne Sportfischer. Nun wünschte die Standesherrschaft Zeil die Verpachtung der gesamten Fischwasser an einen Pächter oder Verein und bot der Sportfischervereinigung die Pacht an, die dieses Angebot dankend annahm. Man versammelte weitere Sportfischer - Interessenten und gründete den Fischereiverein Leutkirch, für den am 10.09.1958 die Satzung aufgestellt und am
23.12.1958 die Anmeldung in das Vereinsregister angemeldet wurde.
Zum Vorstand wurden gewählt Albert Drexler, Wilhelm Edelmann und Otto Häberle. Zudem gab es einen Verwaltungsausschuss, Aufnahmeausschuss, Rechnungsausschuss, ein Ehrengericht und die Schriftführung.
Am 24.01.1959 wurde mit der Standesherrschaft Zeil ein Pachtvertrag abgeschlossen über 13 Jahre. Interessant ist die erste Zusammenkunft des neuen Vereins : die Fasnachtsunterhaltung am 6.02.1959 im Bahnhofhotel Grißlich, „ die einen sehr lustigen Verlauf nahm".
Die erste „ Generalversammlung", wie die Jahreshauptversammlung damals hieß, wurde am 20.02.1959 durchgeführt, bei der vor allem der Vertrag mit Zeil allgemeine Anerkennung fand.
Von der Generalversammlung vom 22.01.1960 ist zu vermelden, dass der Verein Mitglied des Landesfischereiverbandes wurde mit einem Jahresbeitrag von 150.- DM. Ein Thema dieser Tage war die Abwasserfrage, die sich für den Verein als Dauerthema darstellen sollte. Die Ach wurde ausgebaggert, elektrisch abgefischt und selbstverständlich wurde der inzwischen lieb gewordene Fischerball wieder abgehalten unter dem Motto „Romanze am Forellenbach". „Es war ein Ball mit viel Würze und Humor".

haie und korallen

Kegelabende, teilweise mit Rehessen in Schloß Zeil, wiederum ein Fasnetsball (Unter Haien und Korallen - Im Aquarium sitzen zwei Bardamen. das Lokal steht ab 20 Uhr unter Wasser) im Hotel Post im Februar 1961, zwei Mitgliederversammlungen, ein Wettfischen am Wuhrmühleweiher („ 2 kleinere Hechte und eine größere Zahl von Rotfedern und Rotaugen waren das Ergebnis. Leider konnte kein Fischerkönig gefeiert werden.", (das kennen wir doch!)) und die Generalversammlung am 23.06.1961 bestimmten den offiziellen Verlauf des Vereinsjahres. Ein Thema war die Abwasserfrage der Stadt Bad Wurzach. „Diesem Übel kann nur durch den Bau einer Kläranlage abgeholfen werden."- In Bayern wird eine Fischerprüfung verlangt, von der man vermutet, dass sie auch westlich der Iller verlangt werden wird.- Angeln darf man nur mit einer Handangel...
Auch im Jahr 1962 gab es wieder Probleme mit dem Abwasser. „So in Bad Wurzach, in Aichstetten bei der Milchverwertung und der Firma Krages in Leutkirch. Die staatlichen Stellen haben leider für diese Sache kein Gehör."
Erwähnt werden in den Aufzeichnungen des Jahres 1963 die „humoristischen Köstlichkeiten" des Herrn Otto Häberle bei der Fasnet. Insgesamt betrachtet müssen diese Feste großen Eindruck hinterlassen haben, auch in der weiteren Öffentlichkeit. - Es findet sich schon damals die Bemerkung, dass die Jahreshauptversammlung deswegen so gut besucht gewesen sei, weil anschließend die Fischkarten ausgegeben wurden.(!)
Genannt wird auch die Anpachtung des Herlazhofer Weihers über das Forstamt, Überlegungen zur Bewirtschaftung des Wuhrmühleweihers und Nachdenken über eine Interessengemeinschaft zum Schutz der einheimischen Gewässer.
Das Jahr 1964 (Ball der tollen Hechte), Mitgliederzahl 51, war gekennzeichnet durch eine Außerordentliche Generalversammlung am 1.12.1964 im Hotel Grißlich zur Neuwahl der Vorstandschaft. Gewählt wurden A. Drexler, O. Häberle und W. Edelmann. -
Zwischen 1959 und 1963 wurden für 8455,50 DM Jungfische eingesetzt, eine beträchtliche Summe für die damalige Zeit.
Das Jahr 1965 war geprägt durch Veränderungen in den Pachtverträgen mit der Standesherrschaft Zeil. Seit 1959 war z.B. die Fischzuchtanstalt Brunnentobel vom FVL mitverwaltet. Zum 1.01.1966 beabsichtigte die Zeiler Verwaltung Brunnentobel still zu legen
und die Weiher frei zu verpachten.

obersee

Auch die Pacht der Iller und des Kißlegger Obersees standen zur Disposition, was zur Folge hatte , dass der Kißlegger Obersee im neuen Pachtvertrag nicht mehr berücksichtigt wurde. So stand dann auch das Motto des Fasnetsballs
1965 ganz im Zeichen dieser Veränderungen : Abschied vom Obersee. -
Der neue Vertrag mit Zeil kam glücklicherweise zustande.
In den Aufzeichnungen des Jahres 1966 findet sich ein Kassenstand von 4318,29 DM. Wiederum wird geklagt über die Verunreinigung der Ach, und „das Themermopalwerk soll noch dieses Jahr an die Kläranlage angeschlossen werden." Am 18.09. wurde ein
Fischerausflug an den,,Forkensee" durchgeführt bei kaltem Wetter, mit Damen, früher Heimfahrt und Kegelstopp in Urlau. „Erst dort zog unser Fischerkamerad Prestel eine etwa zweipfundige Forelle aus der Tasche.... Dies war der einzige Fang."
In diesem Jahr wurde auch der Herlazhofer Weiher abgefischt: 290 Karpfen, 300 Hechte, insges. 9,5 Ztr. Fische wurden angelandet. Der Stadtweiher wurde nicht an den Verein verpachtet, entgegen ursprünglicher Erwartungen. Graskarpfen werden in süddeutschen Seen
ausgebracht.

wettfischen fischerball

Im Jahr 1967 berichtete Otto Häberle in der JHV über die Verschlechterung der Wasserqualität. Schon im Jahr 1930 sei die Zahl der Forellen im Stadtbach und in der Eschach / Stadtgebiet zurückgegangen, verschlimmert durch die große Trockenheit 1937 und
das folgende Fischsterben. Erst 1957 wurde das Wasserhaushaltsgesetz verabschiedet und durch den Bau von Kläranlagen konnte die Wasserqualität langsam verbessert werden. -
Am 20.08.1967 verstarb nach langer Krankheit das Vorstandsmitglied und Mitbegründer des Vereins Wilhelm Edelmann.
Ein Leutkircher Angler (H.Möller) hatte Glück am Kißlegger Obersee, er fing einen Weller mit 39 Pfund und 1,34 m Länge , was der Schwäbischen Zeitung am 19.08.1967 ein Bild wert war. Ein Wettfischen mit 40 Teilnehmern an der Iller im Oktober, zusammen mit den
Memminger Kameraden, erbrachte 4 Hechte und 1 Äsche. Wie man sieht, blieb damals und so auch heute die Ausbeute recht überschaubar, manchmal zumindest.
Der Tod von Herrn W.Edelmann machte im November eine Außerordentliche Hauptversammlung notwendig, um ein neues Vorstandsmitglied zu wählen. Gewählt wurde Josef Miller.
Die Fischerprüfung wird aktuell. 40 Mitglieder wollen sich an 4 Abenden ausbilden lassen. Das bisherige Vereinslokal Hotel Grißlich steht künftig nicht mehr zur Verfügung, das Anwesen wird verkauft.

mitgliederversammlung kegelabend

Am 28.03.1968 fand der erste Ausbildungsabend für die Fischerprüfung statt, durchgeführt vom Vorstand des Fischereivereins Wangen. 90% der Vereinsmitglieder des FVL unterzogen sich am 20 .04. der Fischerprüfung, „die manchem Fischer bange Stunden bereitete." Geleitet wurde diese erste Prüfung von Herrn Dr. Eberle aus Tübingen, dem Vorstand des Landesfischereiverbandes. Schon damals stand „die waidgerechte Beobachtung und Pflege der Gewässer im Vordergrund der Schulung."
Bestanden haben alle, auch die ca. 50 Kameraden aus der Umgebung Leutkirchs. Die Teilnehmerliste 1968 ist noch erhalten, ebenso die Listen der weiteren Prüfungen, die vom FVL durchgeführt wurden.
Die JHV vermeldet 48 Mitglieder, neue Vereinsabzeichen für 2,50 DM, ein halbes Jahr später kosteten sie schon 3,50 DM, und es wurde die Frage gestellt, ob der Fischerball weitergeführt werden soll bei einem Abmangel von ca. 100.-DM für einen Ball. Er wurde weitergeführt!

einladung

Fischer in der Hafenkneipe" am 31.01.1969 im Hotel Post und bald darauf wurden Text und Bild in der Schwäbischen Zeitung veröffentlicht.
Im Jahr 1969 wurde in der Schwäbischen Zeitung vom 20.8. ein Fischsterben vermeldet. 12 Zentner tote Fische! Schaden schätzungsweise 5000.- DM. „Man vermutet, dass durch Industrieabwässer starke Giftstoffe in das Wasser gelangt sind". (Zitat Schwäbische Zeitung).
Der Verein begeht in diesem Jahr sein zehnjähriges Bestehen im Rahmen eines Kameradschaftsfischens an der Iller. „ 2 kleine Hechte, einige Äschen, das war alles." Aale werden in der Nibel gefangen, vermutlich kommen sie aus dem Repsweiher.

kegelabend jahreshauptversammlung

Am 12.09.1970 veranstaltete der Fischereiverein Memmingen sein 1. Königsfischen. Diesmal war der Erfolg bzw. die Ausbeute überzeugender, zumal H. Löchle mit Stolz vermelden kann, dass er mit einem sechspfundigen Hecht den ersten Preis bekam. „Der Titel Fischerkönig wurde aber nur einem Memminger Fischer verliehen." Schade , aber so spielt das Fischerleben eben.
Bei der JHV am 2.10. berichtet Otto Häberle, dass sich der Wasserverbrauch der Gemeinden von 1956 auf 1966 verdoppelt habe und sich bis 1977 nochmals verdoppeln werde. 26 % des Abwassers bleiben noch immer ungereinigt in dieser Zeit.
Die Fischerkameraden Blum, Braig und Korinek zeigen Filme und Bilder von einem achttägigen Irlandurlaub.

orient

Der Fischerball 1971 stand unter dem Motto „Fischerfest im Orient" mit der Programmankündigung : Ab 20 Uhr ist der Harem geöffnet ... Hasch und LSD billigst. Unterzeichnet ist diese Einladung von den „Drei Paschas". Ob das heute noch so möglich wäre?
Die letzten Eintragungen von H. Löchle betreffen die Außerordentliche Hauptversammlung am 11.03.1971 im Hotel Post. Hauptanliegen dieser Versammlung waren Neuwahlen. Otto Häberle wird für die Neuwahl nicht mehr zur Verfügung stehen, stellte aber in Aussicht, dass er nach einer Wahlperiode wieder zur Verfügung stehen könnte. Ein Hauptanliegen für Otto Häberle in den vergangenen Jahren war es, die Problematik der Gewässerverschmutzung immer wieder zu thematisieren. „Er müsste heute leider sagen, dass fast alles umsonst war und von den Behörden wie von der Öffentlichkeit nicht ernst genommen worden ist."
Es wird in dieser Versammlung geäußert, dass der 3 - Kopf-Vorstand sich nicht immer als zweckmäßig erwiesen habe. Deshalb wird eine Satzungsänderung angesprochen, die mit 26 von 37 Stimmen angenommen wird. Es soll nur noch einen Vorstand geben. Gewählt wird Josef Miller, zu seinem Stellvertreter Albert Drexler, zum Schriftführer Hugo Löchle. Zu Beisitzern werden gewählt: Otto Häberle, Ernst Fischer, Willy Stiller und Fritz Scherrer. Ein Zitat von H. Löchle möchte ich noch einbringen, das zeigt, welche herausragende Funktion Otto Häberle in dieser Phase der Vereinsgeschichte inne hatte: „ Ich möchte bemerken, dass Herr Häberle, obwohl es ein Drei - Mann - Vorstand war, doch alle Arbeit machte...".
Die handschriftlichen Ausführungen von H.Löchle enden an dieser Stelle, er verweist darauf, dass weitere Unterlagen mit Maschine geschrieben und geordnet abgelegt werden.


Soweit dieser Abschnitt der Vereinsgeschichte. Manches ist sicherlich trotz der gewissenhaften Aufzeichnungen in Vergessenheit geraten. Mancher Fischerkamerad kann heute noch durch Ergänzungen das vergangene Vereinsleben anekdotisch bereichern, neben all den Erfahrungen, Erlebnissen und Eindrücken, die jedes einzelne Vereinsmitglied in persönlicher Erinnerung behalten wird.
Mein Eindruck nach der Lektüre und kommentierenden, zusammenfassenden Bearbeitung der handschriftlichen Aufzeichnungen von H.Löchle besteht hauptsächlich darin, dass es -Petrus sein Dank ! -, immer Fischerkameraden gab und gibt, die sich für die Angelfischerei unermüdlich einsetzen, sich der Natur verpflichtet fühlen und im Geist der Fischerkameradschaft zum Erhalt des Vereins beigetragen haben und dies weiterhin so halten werden.


Leutkirch im Mai 2002

Wilfried Haaf


[Impressum]